Vergangenheit:

Die Halle 116 liegt auf dem Gebiet der Sheridan-Kaserne. Bis 1998 war die Kaserne die größte von der amerikanischen Armee genutzte Fläche in Augsburg. Das Gelände kennt jeder Augsburger, doch von seiner vielfältigen Geschichte wissen nur wenige.

Auf den zuvor landwirtschaftlich genutzten Flächen am Westrand von Pfersee wurden im Zuge der nationalsozialistischen Hochrüstungspolitik in den Jahren 1934-36 folgende Kasernen errichtet:

-    die Neue Infantriekaserne (General-Kneußl-Kaserne) im Nordwesten des Geländes
-    die Luftnachrichtenkaserne südlich des Mittleren Weges
-    die Heeresnachrichtenkaserne im Nordosten des Geländes zwischen Mittlerem Weg und Grasigem  Weg

Nach Kriegsende wurde das Areal von der US-Army genutzt, nun zusammengefasst zur Sheridan-Kaserne.

Nach dem Abzug der Amerikaner aus Augsburg ist die Kaserne mit etwa 70 ha die größte Konversionsfläche im Augsburger Westen.

Zukunft:

Im Jahr 1998 begann die Stadt das gesamte Gelände zu überplanen. Ein städtebaulicher  Ideenwettbewerb wurde durchgeführt, den eine Bürgerwerkstatt begleitet hat.

Der 1. Preis soll zu einer verbindlichen Bebauungsplanung weiterentwickelt werden.
Grundsätzlich wird das Gelände in drei Bereiche aufgeteilt werden:
Im Westen, zur B17 hin, ein Gewerbegebiet,das durch eine Parklandschaft in der Mitte vom Wohngebiet im Osten getrennt ist.
Dabei sollen auf dem gesamten Gelände nur wenige Gebäude erhalten bleiben um auf die Geschichte der Kaserne hinzuweisen:

-    Das Offiziercasino,
-    die Kommandantur,
-    die amerikanische Kirche und
-    der Kindergarten, der schon umgebaut ist und wieder als Kindertagesstätte genutzt wird.
-    Das Gebäude 116

Mit dem Erhalt der Halle 116 soll vor allem der Opfer der Nazi-Herrschaft gedacht werden.

Die Halle 116

Von April 1944 bis April 1945 war in einer Halle, Gebäude 116, der Luftnachrichtenkaserne am Grasigen Weg in der Nähe des Stadtbergen Gate ein Außenlager des Konzentrationslagers Dachau mit
1000 – 2000 männlichen Häftlingen untergebracht.

Die Halle war mit Stacheldraht von der restlichen Kaserne abgetrennt. Auf dem Appellplatz vor der Halle wurden Strafen vollzogen, vermutlich auch Exekutionen. Die Lebensbedingungen im Lager waren hart. Überlange Arbeits- und Wegezeiten, minderwertige, geringe Kost, desolate hygienische Verhältnisse und nicht zuletzt Schikanen der Wachposten waren an der Tagesordnung.
Hinzu kamen Krankheiten und Epidemien. Dies führte zu vielen Todesfällen im Lager Pfersee.
Die Toten verbrannte man zunächst im Stammlager Dachau, später wurden sie im Augsburger Krematorium eingeäschert bzw. in Massengräbern im nahen Westfriedhof begraben.
Die Häftlinge mussten in der Flugzeugproduktion bei Messerschmitt in Haunstetten arbeiten.
Täglich marschierten sie durch Pfersee zum Lokalbahngleis in der Nähe der Adlhochschule. Von dort wurden sie mit der Lokalbahn zum Werk in Haunstetten transportiert.
Kurz vor dem Einzug der Amerikaner sollte das Lager noch verlegt werden. Der Marsch endete am 27. April in den westlichen Wäldern bei Klimmach, wo die Kolonne von den Amerikanern befreit wurde.

Nach dem II. Weltkrieg nutzten die Amerikaner das Gebäude hauptsächlich für Fahrzeuge. Im ersten Stock befand sich die Bücherei mit Lesesälen. Bis 1998 wurde das Gebäude in hervorragendem Zustand gehalten. In einer Bürgerwerkstatt, welche die neue Nutzung des Sheridangeländes begleitet, wurde deutlich, dass die Geschichte der Kaserne und speziell die der Halle 116 in angemessener Form gewürdigt werden muss.
So wurde vom Stadtrat beschlossen, die Halle zu erhalten. Die Stadt Augsburg sieht sich als „Friedensstadt“ hier besonders verpflichtet. Ebenso eine Gruppe von Bürgerinnen und Bürgern sowie gesellschaftliche Organisationen, für die die Geschichte der Halle keine Altlast ist, sondern Ansporn hier etwas entstehen zu lassen,
das dem Gedanken der Erinnerung Rechnung trägt, aber auch einer sinnvollen zukünftigen Nutzung.

Die Größe der Halle lässt es nicht zu, hier ausschließlich eine Gedenkstätte einzurichten.
Deshalb stellte sich die Frage in welcher Form das Gebäude zu einer neuen Nutzung finden kann.

Auseinandersetzung:

In Respekt vor der historischen Verantwortung mit einem klaren Blick in die Zukunft soll die Halle 116 in Augsburg-Sheridan zu einem Denkort der Begegnung werden.

Sie soll auf gemeinnütziger Basis eine öffentliche Drehscheibe werden für kulturelle, soziale, religiöse, geschichts-bewusstmachende und generationsübergreifende Aktivitäten. Es geht darum zu zeigen, dass dunkle Seiten der Geschichte nicht verschwiegen werden dürfen und es geht darum, die Halle 116 zu einem Ort zu machen, der mit dazu beiträgt, in der Zukunft ein gleichberechtigtes, friedliches Zusammenleben der Menschen zu gestalten.

Das bisher erarbeitete Grundkonzept sieht eine Vielzahl von parallelen Nutzungen des Gebäudes vor:
    Gedenkstätte mit Cafe
    Bücherei, Bibliothek
    Dokumentationszentrum
    Ausstellungsräume
    Arbeitslosenprojekte
    Integrationsprojekte
    Religiöse Nutzungen
    Treffpunkt, Veranstaltungsräume
    Ateliers von Künstlern
 

Engagement:

Diese Ideen und Vorstellungen für die Zukunft des Denkortes Halle 116 gilt es weiter zu entwickeln und zu konkretisieren. Dafür suchen wir Menschen und Organisationen, die mitmachen wollen, den Denkort Halle 116 zu realisieren.

Eine erste Grundüberlegung für Sanierung und Nutzung sieht vor, dass die Halle mit einer Nutzfläche von ca. 4000 qm sowohl in Bauabschnitten als auch als Gesamtkomplex saniert und umgebaut werden könnte.

Vorgesehen ist, dass die jeweils benötigten Flächen gemietet oder gekauft werden könnten. Es ist davon auszugehen, dass eine endgültige und vollständige Nutzung des Denkortes nicht vor dem Jahr 2010 möglich ist.

Vision:

Die Stadt und ihre Bürgerinnen und Bürger haben die Kraft sich ihrer ganzen Geschichte zu stellen und aus dieser Auseinandersetzung Impulse
für die Weiterentwicklung im Sinne der Friedensstadt zu gewinnen.

Unterstützer: zahlreiche Einzelpersonen sowie nachfolgenden Organisationen
(Stand 29.1.2018)

Augsburger Friedensinitiative (AFI)
AWO Schwaben
BÜRGERAKTION PFERSEE „Schlössle“ e. V.
Deutsche Friedensgesellschaft-Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK) Gruppe Augsburg
Redaktion www.forumaugsburg.de
GeschichtsWerkstatt Augsburg
Reinhold Forster, geschichtsagentur augsburg
Gegen Vergessen - Für Demokratie e.V., Regionalgruppe Augsburg
GEW KV Augsburg
Marcella Reinhardt - Regionalverband Sinti und Roma
Miriam Friedmann MA und Dr. Friedhelm Katzenmeier
Stolpersteininitiative Augsburg und Umgebung
VVN-BdA Kreisvereinigung Augsburg

 

Dass die Erinnerung an diesen Teil der Geschichte der Kaserne bewahrt werden konnte, verdanken wir:
Wolfgang Kucera, Historiker
„Fremdarbeiter und KZ-Häftlinge in der Augsburger
Rüstungsindustrie“, AV-Verlag, 1996